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Thomas Macho: Warum wir Tiere essen – Ein Aufruf für Tierwohl in Wien

Kulturhistoriker Thomas Macho kämpft für das Tierwohl und plädiert im Interview dafür, den Fleischkonsum auf eine ethische Basis zu stellen, indem er den modernen Umgang mit Tieren und den Kreislauf des Lebens in Frage stellt – eine brisante Debatte über Essen, Moral und unser Verhältnis zu Nutztieren!

Der Umgang mit Tieren zu essen ist ein heiß diskutiertes Thema in unserer heutigen Gesellschaft. Thomas Macho, ein Wiener Kulturhistoriker, hat sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt und beleuchtet in seinem neuen Buch „Warum wir Tiere essen“ die Wurzeln unseres Konsumverhaltens. Dabei geht er nicht auf die Idee eines totalen Verzichts ein, sondern hebt hervor, dass wir den natürlichen Kreislauf von Leben und Tod nicht ignorieren sollten. Stattdessen regt er an, über einen bewussteren und verantwortungsvolleren Fleischkonsum nachzudenken.

Macho verdeutlicht eine interessante Entwicklung in der Wahrnehmung von Tieren: „Es begann mit den ‚Schoßtieren‘ der Aristokratie im 15. oder 16. Jahrhundert, als Könige mit exotischen Tieren prahlten. Heute laufen wir Gefahr, die Beziehung zu unseren Nahrungsmitteln zu verlieren.“ Viele Menschen sehen heute nicht mehr, wie weit die Kluft zwischen Nutztieren und dem, was auf unserem Teller landet, geworden ist. Produkte werden oft so niedlich verpackt oder so präsentiert, dass wir das Schlachten und die Realität, die damit verbunden ist, ganz aus unserem Bewusstsein verdrängen.

Vom Ritual zum Konsum

Wohin führt uns dieses Verhalten? Macho verweist auf rituelle Praktiken, die in vielen Kulturen üblich waren, wie das Sühneritual sibirischer Jäger, die sich beim getöteten Tier entschuldigten. Heutzutage möchte der Verbraucher lieber gar nicht darüber nachdenken, was für das Stück Fleisch auf seinem Teller nötig war. Diese Trennung vom eigenen Handeln führt dazu, dass der Genuss oft unreflektiert bleibt.

„Wir sollten beide Seiten des Genusses sehen“, betont er. Es ist wichtig zu verstehen, welche Verantwortung wir bei jedem Bissen übernehmen. „Nehmen wir zum Beispiel eine Dokumentation aus dem Jahr 1949 über den alten Schlachthof von Paris. Viele Studenten konnten die expliziten Schlachtungen nicht ertragen, obwohl es sich um einen historischen Film handelte. Früher war es jedoch üblich, den eigenen Konsum nicht nur als Genuss, sondern auch als Akt des Sterbens zu betrachten.“

Bewusste Entscheidungen treffen

Auf die Frage, ob der Verzicht auf Fleisch der einzige Weg ist, antwortet Macho: „Glücklicherweise gibt es Optionen. Der Trend zu Fleischersatzprodukten und Veganer Ernährung unter den jüngeren Generationen zeigt, dass Menschen bereit sind, umzudenken.“ Durch striktere Vorschriften in der Fleischindustrie könnte der Preis von Fleisch steigen, was auch den Konsum beeinflussen würde. „Ich bin aus einer Familie, in der Fleischessen als etwas Besonderes galt – wir aßen nicht jeden Tag Fleisch, sondern nur zu besonderen Anlässen“ erklärt er.

Macho hat auch das Buch „Warum wir Tiere essen“ geschrieben, das sich mit den Ursprüngen und kulturellen Widersprüchen des Fleischkonsums befasst. Es bietet einen Einblick, warum Menschen Fleisch lieben und gleichzeitig herausfordert, limitierte Essgewohnheiten zu reflektieren.

Buchtipp: „Warum wir Tiere essen“, 128 Seiten, 22,– €, Molden Verlag. Macho’s Buch gibt interessante Einblicke in unsere Essgewohnheiten und regt an, den eigenen Fleischkonsum zu hinterfragen.

Bild:
Dem Wiener Kulturhistoriker Thomas Macho ist das Wohl der Nutztiere sehr wichtig. © IFK

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